Suomeksi: Kieliopin rakenteesta.

Esitelmä Göttingenissä ja Hampurissa 28.-30.1.1958


 
 
 

Über den Bau der Grammatik.


Im allgemeinen sagt man von der Grammatik - und zweifellos mit Recht -, dass sie eine systematische Darstellung der in Frage stehenden Sprache sei. Aber was müsste sie, also genauer gesagt enthalten, um wirklich die systematische Darstellung einer Sprache zu sein?

Auf unser Problem fällt vielleicht Licht, wenn wir uns vorstellen, dass wir eine systematische Darstellung von einer solchen Sprache zu schreiben hätte, in der nur z w e i   v e r s c h i e d e n e Wörter, z.B. a und b sowie ihre sukzessiven Kombinationen: ab und ba vorkommen. Das Verfassen einer Grammatik für unsere Zwei-Wort-Sprache ist natürlich einfach. Eine systematische Beschreibung von ihr ergibt sich daraus, dass wir die Wörter unserer Sprache aufzählen und angeben, zu welchen Zwecken sich diese Wörter verwenden lassen. Eine Grammatik muss ausserdem eine Angabe darüber enthalten, welche Kombinationen dieser Wörter möglich sind, beide Kombinationen oder vielleicht nur eine, sowie ferner die Bekanntgabe darüber, zu welchem Zweck die sukzessiven Kombinationen der Wörter verwendbar sind. Es ist anzunehmen, dass sich gegen die Vollständigkeit einer solchen Grammatik nichts einwenden liesse. Es erscheint vielleicht ein wenig kleinlich, pedantisch, wenn ich hier nun ausdrücklich bemerke, dass die beiden W ö r t e r, die unsere Sprache enthält, nicht Jene auf der Tafel befindlichen und von mir soeben gezeichneten zwei Kreidefiguren sind, die ich leicht fortwischen könnte, so dass dann unsere Sprache kein einziges Wort mehr enthalten würde, weil ich diese vernichtet hätte. Naturlich könnte man sich auch eine solche Sprache vorstellen, die nur zwei konkrete Zeichen enthielte, z.B. eben gerade jene von mir auf die Tafel gezeichneten Figuren. Es wäre aber sehr beschwerlich von einer solchen Sprache irgendwelchen Gebrauch zu machen. Allein schon das Bilden von Kombinationen währe äusserst unbequem. Wie kann ich z.B. das Kreidegebilde a von der Tafel los bekommen und neben das b setzen oder umgekehrt b neben a ? Da wüsste ich mir keinen Rat, aber zum Glück brauche ich einen solchen hier nicht zu finden, denn wir wollen uns hier gar nicht die Aufgabe stellen, eine Grammatik von einer derartigen Sprache zu verfassen. Wir denken nur an das Verfassen der Grammatik von einer solchen Sprache, die zwei Zeichen umfasst, zwei Wörter oder noch besser gesagt zwei W o r t m e n g e n a und b. Die hier auf der Tafel befindlichen Kreidebuchstaben a und b gehören beide diesen Mengen an, aber es gehören in diese Mengen ausserdem eine unbegrenzte Anzahl ebensolcher realer Figuren aus Kreide, Tinte, Druckerschwärze usw. Die besondere Erwähnung dieses Umstandes ist hier wohl beinahe überflüssig, denn es ist gang und gäbe, dass man im alltäglichen Sprachgebrauch mit demselben Wort einmal das Element einer Menge und einmal die Menge selbst meint. Wenn ich z.B. von T i s c h spreche, so kann meine Rede ebensogut einzelne konkrete Tische wie auch den Tisch im allgemeinen, den Begriff Tisch, die Menge Tisch betreffen. Ebenso entspricht es dem allgemeinen Sprachgebrauch und führt im allgemeinen zu einer richtigen A u s l e g u n g, wenn man von den zwei Wörtern a und b unserer angenommenen Sprache redet, obgleich dies auf zwei Arten auszudeuten ist: entweder gerade jene dort befindlichen Kreidebuchstaben bedeutend oder aber auch jene Mengen von Buchstaben, in die diese zwei Wörter mitsamt unzähligen gleichartigen gehören. Es wird nämlich jeder ohne Bedenken meine Rede im letzteren Sinne ausdeuten. Es wäre nun aber vorstellbar, dass man die Aussagen über die zeichen unserer Sprache n i c h t in der Form des allgemeinen Sprachgebrauchs vermittelte, die zweierlei Ausdeutungen zulässt (einerseits die Auffassung, dass die Wörter unserer Sprache nur aus den beiden auf der Tafel befindlichen Kreidefiguren bestehen; andererseits die Auffassung, dass die Zeichen unserer Sprache zwei Wortmengen bilden, in die u.a. jene Kreidefiguren aber ausserdem noch eine ungeheure Anzahl weiterer Kreidefiguren, die diesen ähnlich sind, gehören). Wir könnten unsere Aussage auch genauer ausdrücken und zwar so, dass wir die einzelnen konkreten Gegenstände auf eine andere Art bezeichnen als die Menge der Gegenstände, den Gegenstand im allgemeinen, den Begriff bezüglich seiner Extension. Ich vermeide damit die Zweideutigkeit meiner Aussage, indem ich sage, dass in meine Sprache z w e i Z e i c h e n m e n g e n gehören und bezeichne die eine Menge mit a 2t und die andere mit b 2t (in Worten: a vom zweiten Typus). Die Bedeutung des ersten Zeichens umfasst eine Menge, in die eine unbegrenzte Anzahl von verschiedenen Buchstaben a gehört, die Bedeutung des zweiten Zeichens umfasst eine Menge, in die eine unbegrenzte Anzahl von Buchstaben b gehört. Diese Mengen können wir vorläufig auch Wörter nennen. Jene realen Belege aus Kreide, Tinte, die sichtbar, gross, klein, schlecht oder gut geschrieben sind, nenne ich also von jetzt ab n i c h t m e h r nach dem üblichen Sprachgebrauch Wörter. Sobald wir nämlich genau sein wollen, müssen wir diesen einen anderen Namen zulegen. Im Finnischen hat sich für sie leicht eine neue Benennung finden lassen, da man in der finnischen Sprache durch Ableitung leicht neue Wörter bilden kann. Man nennt sie auf finnisch sane (das Stammwort dieser Ableitung ist das Wort sana Wort). Auf deutsch könnte man sie vielleicht Vokabeln nennen. Hiernach konstatieren wir also, dass es in unserer Sprache, deren Grammatik wir schreiben wollen, zwei Wörter gibt, aber eine unbegrenzte Anzahl von Vokabeln, Wortbelegen. Wenn wir so verfahren, sind wir exakter als die Alltagssprache und unterbinden damit jederlei Missverständnisse. Der Fachausdruck Wort ist also hiermit durch zwei Fachausdrücke ersetzt. Wir werden gleich sehen, dass es hiermit noch nicht abgetan ist.

Die Aufgabe des Verfassens einer Grammatik wird aber bei weitem umfangreicher und zugleich schwieriger, sobald die Anzahl der Zeichen und ihrer Kombinationen zunimmt. Zunächst dürften sich t e c h n i s c h e S c h w i e r i g k e i t e n ergeben. Wenn die Anzahl jener Zeichen, die wir nunmehr gelernt haben Wörter zu nennen, gross wird, - wenn es sich umtausende oder hunderttausende Wörter handelt - , so ist das Aufzählen der Zeichen ebenso wie das Erklären der Bedeutungen ihrer Belege eine ausserordentlich schwierige Aufgabe. Aus technischen Gründen ist auch das Aufzählen der Sprachzeichen sowie die Erklärung ihrer Bedeutungen im allgemainen von der Grammatik abgesondert und Spezialwerken, den W ö r t e r b ü c h e r n übergeben werden.

Das gleiche für die Grammatik-verfasser bequeme Verfahrern kann nicht zur Anwendung kommen, wenn die Anzahl der Vokabel-Kombinationen so stark anwächst, dass ihr Aufzählen unmöglich wird. Solche Kombinationsverzeichnisse, wie z.B. Parleure oder Sprichwort-Sammlungen, umfassen natürlich nur einen verschwindenden Bruchteil aller Vokabelgefüge, -kombinationen, und ein Durchführen ihrer Darstellungsmethode ist schon bei dem Vorhandensein einer etwas reichlicheren Anzahl von Zeichen praktisch unmöglich. Ist es doch eine bekannte Tatsache, dass die Anzahl der Zeichenkombinationen noch schneller anwächst als die Anzahl der Zeichen. Mit einer so einfachen technischen Massnahne, wie das Abtrennen von der Grammatik, ist also der Schwierigkeit, vor welche die Darstellung der Zeichenkombinationen den Verfasser der Grammatik stellt, nicht beizukommen. Die Zeichenkombinationslehre muss innerhalb der Grammatik behandelt werden, und ihre Darstellung hat an der Hand einer Beschreibung der Struktur der Zeichenkombinationen vorsichzugehen. Darauf komme ich später zurück.

Aber noch anderweitige beachtenswerte erschwererende Umstände nicht nur technischer Art können beim Schreiben einer Grammatik aufkommen - und kommen gewöhnlich auf -, wenn die Anzahl der Zeichen anwächst .

Wenn wir an Stelle der ursprünglichen zwei Zeichen, zwei Wörter, in unserer Sprache vier verschiedene Wörter haben, die wir nach der bekannten Weise mit a 2t, as 2t, b 2t und bs 2t bezeichnen wollen, gestaltet sich unsere Grammatik sofort etwas verwickelter. Dass unser Wörterverzeichnis länger wird, brauchen wir nicht weiter zu beachten, ebensowenig die Erweiterung des Verzeichnisses der möglichen Kombinationen (es stehen Jetzt acht Kombinationen in Frage), denn diese Erweiterungen sind nicht so gross dass ein Aufzählen allzu schwierig würde. Aber obgleich keine technischen Probleme vorliegen, tritt durch die Veränderung ein Umstand zutage, der beim Verfassen der Grammatiken der verschiedenen Sprachen von grosser Bedeutung ist. Es ist nämlich durchaus möglich, dass die Bedeutungen der Wort Belege, Vokabeln von a 2t und as 2t voneinander auf dieselbe Art verschieden sind wie die Bedeutungen der Belege von b 2t und bs 2t. Wenn dies der Fall ist, - und dies ist ganz allgemein der Fall - , so können wir wie allgemein üblich behaupten, dass es in unserer Sprache gar nicht v i e r W ö r t e r, sondern nur z w e i W ö r t e r gibt. Diese beiden Wörter haben jedes zwei Formen, z w e i W o r t f o r m e n. Die Wortformen des einen Wortes sind a 2t und as 2t, die Wortformen des anderen Wortes sind b 2t und bs 2t. Die Anzahl der Zeichen ist also bei unserem Versuch, ihre Anzahl auf systematische Weise zu vergrössern, nicht gestiegen, sondern bei der früheren Anzahl, zwei, verblieben. Hier wiederholt sich etwas Analoges, was wir bereits früher gesehen haben. Ich habe schon darauf aufmerksam gemacht, dass wir, falls wir in unserem Sprachgebrauch sorgsam und exakt sein wollen, nicht gleichzeitig die beiden Behauptungen billigen können, dass unsere Sprache, für die wir zuerst eine Grammatik schreiben wollten, zwei Wörter umfasst, und dass sie doch eine unbegrenzte Anzahl von Wörtern umfasst. Diese beiden Behauptungen können natürlich zu gleicher Zeit nur in dem Falle richtig sein, dass das in ihnen vorkommende Wörter in der ersten Behauptung etwas anderes bedeutet als in der zweiten. Genau so ist es auch jetzt für uns unmöglich festzustellen, dass unsere Sprache vier Wörter besitzt und gleichzeitig, dass sie zwei Wörter besitzt, ohne dass wir den Ausdruck Wörter im ersten Satz in einer anderen Bedeutung benutzen als im zweiten. Es ist offenbar, dass die Gegenstände, von denen es zwei gibt, nicht dieselben sein konnen wie die Gegenstände, von denen es vier gibt. Und ganz entsprechend wie wir zuvor das von uns Gesagte präzisiert haben, indem wir für a 2t und b 2t (und ähnliche Bildungen) den Fachausdruck Wort gebrauchen und für ihre Belege, die realen Grapheme und Phoneme, den Fachausdruck Vokabel, ganz entsprechend müssen wir auch jetzt verfahren. Wir wollen also von jetzt ab, wenn wir jene Wörter meinen, von denen in unserer zweiten Sprache nur zwei vorkommen, a 3t und b 3t schreiben (in Worten: a von dritten Typus). Wir wählen diese Bezeichnungsform um zu zeigen, dass wir es nunmehr mit einer höheren Abstraktion als in den Fällen a 2t und b 2t zu tun haben. Diesen Gebilden und nur ihnen geben wir von jetzt an den Namen Wort. In unserer Sprache hat jedes von den beiden erwähnten Wörtern zwei Wortformen: a 2t und as 2t bzw. b 2t und bs 2t. Der Fachausdruck Wort hat also eine neue Zweiteilung erfahren, ist durch zwei Termen ersetzt worden. Wir haben also eine insgesamt Dreiteilung vorgenommen. In unserer Sprache, wie ganz allgemein in der Sprache, gibt es Gebilde, von denen man sagen kann, dass sie verschiedene Formen besitzen, dass sie flektierbar oder unflektierbar sind. Diese nennen wir Wörter. Sie sind Resultate von hochgradigen Abstraktionen. Ferner sind ihre Formen vorhanden, die sog. Wortformen. Die realen Belege der letztgenannten, also der Worformen, können wir endlich sehen und hören sowie auch schreiben und aussprechen, wenn wir uns der Sprache bedienen. Wie wir uns aus dem Vorhergesagten erinnern, nennen wir diese realen Gebilde Vokabeln, und falls wir solche schriftlich behandeln, bezeichnen wir sie mit a 1t, b 1t, as 1t usw. Das Gesagte zusammenfassend wiederhole ich hier ausdrücklich, dass man also in einer Grammatik, die auf systematische Klärung Anspruch erhebt, nicht mehr nachlässigerweise z.B. ihre a 3t, a 2t und a 1t Wörter nennen darf, denn a 3t, a 2t und a 1t sind ganz verschiedene Sachen, von untereinander völlig verschiedener Struktur. Diese Tatsache ersieht man daraus besonders klar, dass es in der von uns behandelten Sprache ein Wort a 3t gibt zwei Wortformen a 2t und as 2t und eine unbegrenzte Anzahl von a 1t und as 1t. Von hier ab nennen wir a 3t und ebenfalls b 3t (und selbstverständlich auch die mit diesen zu vergleichenden Gebilden in anderen Sprachen) Wörter, a 2t, as 2t, b 2t und bs 2t (sowie natürlich andere ihnen gleiche Formen) Wortformen und jedes a 1t, as 1t, b 1t und bs 1t, das wir im Text antreffen (wie desgleichen andere ähnliche in anderen Sprachen vorkommende Gebilde) Vokabeln (oder auch Wortform-Belege). [Eingehender kann man sich mit dem von mir Vorgetragenem an Hand von UUNO SAARNIOs Buch ”Untersuchungen zur symbolischen Logik” (Helsinki 1935) bekannt zu machen.] Die Grundobjekte der Grammatik dürften nun klar sein. Beim Verfassen einer Grammatik hat man zuerst den Wörtern Beachtung zu schenken, - wir können die diese behandelnden Kapitel Wortlehre nennen -, zweitens den Wortformen, - den diese behandelnden Teil der Grammatik können wir Wortformenlehre nennen -, und schliesslich den Vokabeln, deren Grammatikteil man den obigen Vorbildern entsprechend Vokabellehre nennen könnte. Ausserdem gehört in die Grammatik als ein wichtiger Hauptteil die Darstellung der Vokabel-Kombinationen. Diesen Teil der Grammatik können wir natürlich Vokabel-Kombinationslehre nennen, wenn wir nicht den traditionellen Titel Syntax dafür benutzen wollen. Hiermit ist das Skelett der Grammatik der meisten Sprachen gelegt.

Was hat die Wortlehre zu behandeln? Nachdem wir das Aufzählen der Wörter zur Aufgabe der Wörterbücher gemacht haben, ist es klar, dass diese Aufgabe für die Wortlehre fortfällt. [Im Vorbeigehen sei hierzu bemerkt, dass in die Wörterbücher natürlich keine Vokabeln gehören, von ihnen gibt es ja auch eine so ungeheure Anzahl, dass sie in kein Wörterbuch passen würden. Auch ein Verzeichnis der Wortformen findet man in den Wörterbüchern nur in Spezialfällen. In solchen Fällen nämlich können Wortformen im Wörterbuch aufgenommen werden, wo die Belege einer Wortform eine derart, sagen wir, unsystematische Bedeutung haben, dass man diese im Rahmen des Systems nicht erwarten kann, Somit gehören also in das Wörterbuch fast ausschliesslich nur Wörter. Der Wortlehre fällt trotzdem ein genügend umfangreicher Aufgabenkreis zu.] Zunächst ist es ihre Aufgabe, gewisse W o r t k l a s s e n d a r z u s t e l l e n, sofern der Wortschatz der in Frage stehenden Sprache in Wortklassen einteilbar ist. Meistens trifft man in der Sprache die Wortklassen der f l e k t i e r b a r e n W ö r t e r und der u n f l e k t i e r b a r e n W ö r t e r an. Unter unflektierbaren Wörtern versteht man solche, die nur eine Wortform besitzen. Hier sei bemerkt, dass man von Flektierbarkeit und Unflektierbarkeit nur dann sprechen kann, wenn es sich um W ö r t e r handelt. Von den Wortformen lässt sich ebensowenig sagen, dass sie flektierbar wie dass sie unflektierbar wären. Von den Vokabeln lässt sich wiederum nur dann behaupten, dass sie flektierbar oder unflektierbar wären, wenn man von physikalischer Biegsamkeit spricht. Wenn die Vokabeln z.B. auf Papier geschrieben sind, lassen sie sich biegen, falls man das Papier biegt. Von solcher Art Biegsamkeit ist aber in der Linguistik überhaupt nicht die Rede. Bei der Biegung verschiedener Wörter kann man Verschiedenheit oder auch Gleichförmigkeit feststellen. Die nach gemeinsamen Grundzügen der Flexion biegenden Wörter können in einer Untergruppe zusammengefasst werden. Wenn z.B. die finnische Sprache in Frage steht, so unterscheidet sich die Gruppe von Wörtern der Nominalbiegung deutlich von der Gruppe der Wörter der Verbalbiegung. Im Finnischen gibt es dementsprechend drei Wortklassen: Nomen, Verben und Partikel. In anderen Sprachen können auch andersartige Wortklassen vorkommen, aber es sei hier bemerkt, dass sich Wortklassen nur auf Grund von Flexionskennzeichen bilden lassen. Die Wörter kann man nicht nach ihrer Bedeutung und auch nicht nach irgendwelchen syntaktischen Eigenschaften in Gruppen einteilen, denn die Wörter haben weder Bedeut-ung noch irgendwelche syntaktische Eigenschaften. Bedeutung und syntaktische Eigenschaften können einzig und allein die Vokabeln haben. Einen ausgedehnten Platz nimmt in der Wortlehre die Darstellung der Wortbildung ein. Nicht alle Wörter der Sprache sind einander gänzlich fremd. In der Verwandschaft, die sich feststellen lässt, kann Regelmässigkeit und Gesetzmässigkeit vorliegen. Die gesetzmässige Abhängigkeit, die z.B. auf dem Gebiet der Ableitungen herrscht, hat die Grammatik zu beschreiben. In der Wortlehre muss dementsprechend ein Teil der Wortbildungslehre einer speziellen Ableitungslehre gewidmet werden. In der finnischen Grammatik z.B. ist dieser Teil besonders umfangreich, da man in Finnischen durch Ableitung von demselben Stamm zahlreiche Ableitungswörter gewinnen kann. (Hierzu sei nebenbei erzählt, dass einmal eine Zeitung einen Wettbewerb zur Auffindung des längsten finnischen nichtzusammengesetzten Wortes veröffentlichte. Den Wettbewerb gewann der bekannte finnisch-ugrische Sprachforscher ARTTURI KANNISTO, der in einem durch Ableitung gebildeten Wort 103 Buchstaben hatte.) Es gibt auch andere Arten der Wortbildung als die Ableitung, aber es würde hier zu weit führen auf diese näher einzugehen. Von allen verschiedenen Wortbildungsarten ist festzustellen, dass sie zur Wortlehre gehören.

In der Grammatik hat man ferner die Wortformen zu behandeln. Die Wortformenlehre muss die Bildung der Wortformen, m.a.W. die Flexion, klarlegen. Die Flexionslehre bildet eine Abteilung der Wortformenlehre. Weiter ist die Darstellung der Bedeutung der Belege von den in die verschiedenen Wortformenklassen gehörenden Wortformen ein unumgängliches Stoffgebiet derselben. In der Wortformenlehre ist also z.B. die Auslegung des Nominativs singularis und pluralis sowie seiner Aufgaben, des Genetivs und seiner Aufgaben, des Imperativs und seiner Aufgaben usw. zu finden. In einer so formenreichen Sprache wie der Finnischen bildet die Wortformenlehre leicht einen der umfangreichsten Abschnitte der Grammatik.

Wenn wir systematisch fortschreiten, gelangen wir hiernach zur Behandlung der Vokabeln und ihrer Gesetzmässigkeiten in unserer Grammatik. Dabei muss u.a. der Bildung der Vokabeln unsere Aufmerksamkeit zugewendet werden. Ihr ist ein Kapitel in der Vokabellehre zu widmen. Im Finnischen ist es z.B. möglich, u.a. den Nominativbelegen das Suffix ni hinzuzufügen, wobei die Vokabel eir Nominativbeleg verbleibt (talo 'das Haus', taloni 'mein Haus'), das gleiche Suffix kann in zahlreichen weiteren Fällen auftreten, z.B. kann es an den Inessiv angeschlossen werden: talossa 'in dem Haus', talossani 'in meinem Haus' usw. An die 3. Person singularis präsens des Beleges tulee 'er kommt' kann man das Suffix pa anschliessen, wobei die neue Vokabel fortgesetzt einen Beleg der Form der 3. Person singularis präsens repräsentiert (tuleepa 'er kommt ja') usw. – Wenn man die Vokabeln der natürlichen Sprachen behandelt, so bemerkt man bestimmte Züge in ihrer Struktur, unter anderen Bauteile, sich wiederholende Laute. Ausserdem wird man beobachten, dass nicht annähernd alle Kombinationen jener Laute in der betreffenden Sprache, in ihren Vokabeln auftreten. Häufig unterliegt der Gebrauch der Laute deutlichen Begrenzungen oder sonstigen Gesetzmässigkeiten, z.B. herrscht im Finnischen sog. Vokalharmonie, was bedeutet, dass die Vokabeln im allgemeinen entweder vorder- oder hintervokalisch sind, ferner einer Gesetzmässigkeit, die vorschreibt, dass keine Silbe mit mehr als einem Konsonanten beginnen darf, vorausgesetzt, dass es sich um rein finnische Vokabeln handelt. Die Vokabellehre enthält also eine besondere Strukturlehre, die gewöhnlich Lautlehre heisst. Neben der Lautlehre tritt im allgemeinen in der Grammatik ein Kapitel auf, das Rechtschreibungslehre genannt wird. Diese wird der Grammatik hinzugefügt, da die Grammatiken gewöhnlich versuchen eine Sprachlehre zweier Sprachen zu sein: Grammatik der gesprochenen wie auch der entsprechenden geschriebenen Sprache. In der Rechtschreibungslehre wird in erster Linie das Entsprechungsverhältnis dieser beiden Sprachen erläutert, so dass es in dem eigentlichen Grammatikteil nicht nötig ist, ständig getrennt von der geschriebenen Sprache und der entsprechenden gesprochenen Sprache zu reden. Die Behandlung einer von beiden genügt, da das Kapitel der Rechtschreibung ein für allemal dem Leser darüber Aufschluss erteilt, wie das Gesagte von der einen auf die andere Sprache zu übertragen ist. In diesem Kapitel findet man auch eine Erläuterung über diejenigen Bestandteile der geschriebenen Sprache, die keine Entsprechung in der gesprochenen Sprache besitzen (z.B. über einige Interpunktionszeichen). Einen besonders wichtigen Abschnitt in der Darstellung der Vokabeln nehmen die Ausführungen über die Vokabelklassen ein. Man kann nämlich die Vokabeln nach mehreren Gesichtspunkten gruppieren. Vom semasiologischen Standpunkt aus gesehen entstehen verschiedene Gruppen (man denke z.B. an die Situative, die den Ort angebenden Vokabeln, an die Interjektionen, Vokabeln ohne Bedeutung, an die Relationsvokabeln, Vokabeln, die von Seiten des Hörers oft eine sehr aktive Ausdeutung erfordern, weil ihre Bedeutung in einem Verhältnis besteht, dessen Glieder nicht immer kenntlich gemacht sind, an die partitiven und impartitiven Vokabeln, die in der finnischen Grammatik einen besonders wichtigen Platz einnehmen, usw. ), vom syntaktischen Gesichtspunkt aus gesehen ergeben sich wieder eine Menge anderer Gruppen (z.B. sind sie Substantive in der finnischen Grammatik Vokabeln, an die man eine kongruierende Bestimmung anschliesst oder anschliessen kann, die Adverbien – um weiter bei der finnischen Grammatik zu bleiben – , für die es charakteristisch ist, dass sie unter keiner Bedingung kongruierende Attribute als Bestimmung erhalten können und selbst auch nicht als kongruierende Bestimmungen stehen können, und dass sie aussedem unbedingt nur eine einseitige Ergänzung erfordern). Wenn ich hier die Vokabelklassen und ihre Mannigfaltigkeit erwähne, möchte ich gleichzeitig bemerken, dass bei der traditionellen Wortarten-Einteilung gewöhnlich der Grundfehler begangen wird, dass man sich nicht klar gemacht hat, w a s m a n e i n z u t e i l e n h a t. Oft erklärt man, dass man bei der sog. Wortarten-Einteilung in der Regel den Grundfehler begeht, dass man dabei das zu gruppiererende Material einmal von der einen und einmal von der anderen Seite aus betrachtet. Dies kann ich nicht für einen Mangel ansehen, denn das Sprachmaterial soll man ja gerade von allen möglichen Seiten her betrachten. Der wesentliche Fehler liegt dagegen, wie gesagt, darin, dass man Wörter, Wortformen und Vokabeln miteinander vermengt, z.B. die nur Vokabeln betreffende Gruppierung auf Wörter ausdehnt. Die erste Vorbedingung für das Glücken jeglicher Gruppierung ist natürlich, dass völlige Klarheit darüber herrscht, was man zu gruppieren hat.

Wie bereits gesagt, muss der andere grosse Teil der Grammatik, die Vokabelkombinationslehre, oder sagen wir die Syntax, die zahllose Fülle der verschiedenen Vokabelkombinationen durch eine Beschreibung der Struktur dieser Kombinationen beherrschen. Obgleich es eine unbegrenzte Anzahl von die realen Kombinationen gibt, existieren der Struktur nach verschiedene Vokabelkombinationen nur sehr wenige. Wenn wir von den blossen Vokabelreihen absehen, können wir z.B. derartige Vokabelkombinationen antreffen, deren Teile nebengeordnet oder parataktisch, gleichsam gleichwertig, sind. Die Gleichwertigkeit bedeutet in diesem Fall, dass das Verhältnis der betreffenden Vokabeln zu einer dritten Vokabel das gleiche ist. Andererseits gibt es Vokabelgefüge, deren Teile von verschiedenartigem syntaktischem Charakter sind. Ein Teil derselben, die sog. führende oder Kernvokabel, bestimmt sämtliche syntaktischen Eigenschaften der Vokabelverbindung, wohingegen die übrigen Vokabeln oder die Bestimmungen der Kernvokabel in der besprochenen Beziehung bedeutungslos sind. Solche Vokabelverbindungen nennt man bekanntlich untergeordnete oder hypotaktische Vokabelverbindungen oder Hypotagmata. Eine dritte Vokabelverbindungsart bildet der sog. Nexus. Bei ihm sind die Teile nicht nebengeordnet aber auch nicht untergeordnet. Der syntaktische Charakter des Nexus ist ein anderer als der seiner Teile. So kann z.B,. der Nexus Joku tulee 'Jemand kommt' nicht auf dieselbe Art wie die Teile joku 'jemand' oder tulee 'kommt' in einer grösseren Gesamtheit auftreten. Z.B. nimmt in dem zusammengesetzten Satz Luulen, että joku tulee 'Ich glaube,das jemand kommt' keine der beiden in Frage stehenden Vokabeln die Stelle des Objekts ein, wie die von ihnen gebildete Gesamtheit. Einen noch anders gearteten Nexus haben wir im Finnischen in dem Satz Luulen jonkun tulevan, wörtlich 'Ich glaube jemand kommend' (sog. Partizipstruktur) Solche Strukturarten hat die Kombinationslehre noch weitere zu er-forschen. Aus der finnischen Sprache will ich noch eine typische syntaktische Regel erwähnen als Beispiel dafür, was die Kombinationslehre zu enthalten hat . Die Adverbien werden nach ihren semasiologischen und syntaktischen Eigenschaften in drei Gruppen eingeteilt. Von diesen können die materiellen Adverbien, wie z.B. nyt 'jetzt', vor allem Verbvokabeln bestimmen, die Intensitätsadverbien, wie z.B. aika 'ganz' können nur Adjektive und materielle Adverbien bestimmen (z.B. aika pieni 'ganz klein', aika hyvin 'ganz gut'), durch modale Adverbien kann man, ganze Sätze bestimmen, materielle und Intensitätsadverbien, Post- und Prepositionen, Substantive, Adjektive, Verbvokabeln, Zahlwortvokabeln). Ferner ist der bei einzelnen Vokabelverbindungen vorkommenden Kongruenz Aufmerksameit zu widmen. Ausserdem ist für eine Darstellung der in der Rede freistehenden, in einer Extraposition stehenden Ausdrücke die natürliche Stelle in der Syntax.

Schliesslich taucht die Frage auf, wohin denn nun der sog. Satz aus der Syntax geraten ist. Die Behandlung des Satzes in der Grammatik hängt verständlicherweise wesentlich davon ab, was wir Satz nennen. Wenn man unter Satz das versteht, was ich im Vorstehenden Nexus genannt habe, so ist die Stelle für die Darstellung des Satzes bereits angegeben. Aber ich persönlich bin in meiner Finnischen Sprachlehre so verfahren, dass ich als Satz eine solche Vokabel oder ein solches Vokabelgefüge angesehen habe, das in der realen Umgebung sich so deutlich als eine eigene Ganzheit erweisend hervortritt, dass etwas möglicherweise davor Gesagtes oder Geschriebenes wie ebenfalls etwas möglicherweise darauffolgendes Gesagtes oder Geschriebenes enger zu der vorstehenden bzw. nachstehenden Ganzheit gehörig ist . Hiermit wird nicht behauptet, dass die Rede in Form von Sätzen vorsichginge. Im Gegenteil können die Grenzen der Sätze manchmal so verschwommen sein, dass von irgerrdeinem satzweisen Vorwärtsgehen schwer zu sprechen ist. Aber es ist andererseits auch eine Tatsache, dass in der empirischen Erfahrung sehr oft solche sprachliche Ganzheiten vorkommen, dass man sie auf die erwähnte Art als Sätze bezeichnen kann. Diese Sätze können ebensogut aus einer Vokabel wie aus mehreren bestehen. Im ersten Falle ist die Stelle ihrer systematischen Behandlung in der Vokabellehre, im letzten Falle dagegen in der Syntax.

Ich habe hiermit versucht, meine Auffassung von der systematischen Darstellung der Sprache oder des Skeletts der Grammatik darzulegen. In der Praxis kann man aber ohne Schaden die traditionellen Darstellungsweisen mehr zu Wort kommen zu lassen, als ich es hier getan habe. Unbehindert könnte man z.B. eine Grammatik mit dem Spezialteil beginnen, den man Lautlehre nennt. Es ist nur wichtig, dass wir der Darstellungsart nicht solche Zugeständnisse machen, die dazu angetan sind, das richtige Begreifen und Behandeln der Dinge zu erschweren.